Hanfkalk richtig verputzen
Wie kann man ein Haus aus Hanfkalk verputzen? Diese Frage hatten wir uns ganz am Anfang dieses Projektes auch gestellt.
Worauf es ankommt und wie die Arbeitsschritte aussehen, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Grundsätzlich muss man Häuser aus Hanfkalk nicht unbedingt verputzen. Zahlreiche Beispiele wie das Centre Portugais in Yverdun oder das Weingut Liszt im Burgenland belegen, dass Hanfkalk auch völlig ohne Putz auskommen kann, wenn man dies bereits in der Planung berücksichtigt. Soll das Hanfhaus jedoch aus verschiedenen Gründen dennoch einen dekorativen Putz erhalten, gibt es ein paar Dinge zu beachten.
Zuerst muss man dem Hanfkalk, wenn dieser in-situ hergestellt oder gesprüht wurde, genügend Zeit zum Trocknen geben. Als grobe Faustregel kann man von 1cm Wanddicke pro Woche annehmen. Im Fall des Tiny Houses konnten wir somit nach 9 Wochen mit dem Verputzen beginnen.
Rechenbeispiel: Die Hanfkalk-Wand ist 18 cm dick und kann auf beiden Seiten - also innen und außen - gut trocknen. Dann kann jede Wandseite mit ca. 1 cm pro Woche trocknen.
18cm / (2 * 1cm/Woche) = 9Wochen
Die Wand ist also spätestens nach 9 Wochen bereit zum verputzen!
Das Herbstwetter hat uns hierfür sehr gut in die Karten gespielt: Die Witterung war feucht, kühl und teilweise regnerisch. Das bedeutete, dass wir den Hanfkalk überhaupt nicht vorbehandeln mussten. Der Kalkputz konnte direkt auf den Hanfkalk ohne Grundierung oder Haftbrücke aufgebracht werden. Im Sommer ist das anders, dann sollte man auf jeden Fall die Hanfkalk-Oberfläche mit einem Quast oder einer Sprühflasche großzügig vornässen, da der trockene Hanfkalk stark saugend ist und dem frischen Putz sofort das benötigte Wasser entziehen würde.
Wie bei allen Verputzarbeiten sollte man immer darauf achten, nicht unter 5°C zu verputzen, da ansonsten die Gefahr von Mängeln in Form von Erfrierungen, etc. auftreten könnten. Maßgebend sind hier die Temperaturen in der Nacht!
An den Stellen, wo wir konstruktionsbedingt Holzweichfaserdämmung in der Außenwand montiert hatten, mussten wir einen Kalk-Haftputz auftragen, bevor der Grundputz appliziert werden konnte.
Da der Kalk-Grundputz zu großem Teil aus NHL (Natürlich hydraulischer Kalk) besteht, bindet dieser trotz der kühlen und feuchten Witterung gut ab, sodass wir bereits nach ein/ zwei Tagen die nächste Lage aufbringen konnten. Aus gründen der Einfachheit nutzten wir für den Deckputz dasselbe Material wie für den Grundputz. Nach dem Motto: "keep it simple".
Grob lassen sich die Verputzarbeiten für Hanfkalk-Häuser wie Folgt auflisten:
- Haftputz auf Holzweichfaserdämmung auftragen
- Trocknungszeit je nach Witterung
- Grundputz vollflächig auf die Wände aufbringen
- Im Bereich der Materialwechsel Putzgewebe einlegen
- Trocknungszeit je nach Witterung
- Deckputz auftragen
- Deckputz mit Schwamm abreiben
- Trocknungszeit je nach Witterung
- Anstrich nach Belieben
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Häuser aus Hanfkalk sehr einfach zu verputzen sind. Wichtig ist dabei, dass der Putz diffusionsoffen ist, also z. B. aus Kalk oder Lehm besteht (kein Zement- oder Kalkzementputz verwenden!!)
Es war wieder eine wundervolle Zeit auf der Baustelle mit tollen Gesprächen und spannenden Begegnungen mit Menschen. Auch das sind die sozialen Komponenten des nachhaltigen Bauens, die unsere Baustellen so wertvoll machen. Ökologisch, ökonomisch und sozial - dass die drei Säulen der Nachhaltigkeit in Einklang gebracht werden können, zeigte dieses Projekt wieder aufs Neue.
Wir freuen uns schon auf die nächsten gemeinsamen Projekte mit der solidarischen Bauwirtschaft!
Henrik Pauly, Hanfingenieur
Den Zeitungsartikel vom Oranienburger Generalanzeiger zu diesem Projekt finden Sie hier:
https://www.moz.de/bilder/oranienburg/wohnen-blick-auf-die-baustelle-eines-tiny-houses-52535101.html
Das Interview mit dem Hanfmagazin finden Sie hier: